Seine Schüler auf die Piste gebracht
Jochen Zappe geht nach 35 Jahren am Städtischen Berufskolleg an der Bismarckstraße in Rente.
Der Mann ist bekannt in den Sportabteilungen rund um Leverkusen. Insbesondere in den Skiabteilungen war er stets wohl gelitten. Bei Kaufhof in Köln haben sie ihm einst nicht nur Werkbank und Schleifmaschine geschenkt, sondern auch gleich frei Haus geliefert, damit er all die gekauften Skier, Skischuhe und Bindungen selbst einstellen kann. Auf Skibasaren kamen sie auf ihn zu, irgendwann fragten einige ungläubig: „Machst Du das etwa immer noch?“
Bisher ja, aber jetzt ist Schluss. Jochen Zappe geht nach 35 Jahren am Städtischen Berufskolleg an der Bismarckstraße in Rente und hört deshalb auch damit auf, überall nach günstigen Skiern für den schuleigenen Skikeller zu suchen. Peu à peu, Ski um Ski, Schuh für Schuh hätten sie das alles aufgebaut, an den Bindungen rumgebastelt, Kontakte gepflegt, in den Sportgeschäften auch mal wegen günstiger Angebote oder einer kostenlosen Wartung genervt.
90 hochwertige Carver-Ski beinhaltet die Sammlung heute, zirka 160 Skischuhe in allen Größen. Vor ein paar Jahren habe der Förderverein noch 60 Helme gestiftet, erzählt Zappe. Das handwerkliche Wissen und die entstandenen Kontakte werden der Schule weiterhin zur Verfügung stehen, denn mit der Pensionierung höre er ja nicht schlagartig auf, dafür stecke zu viel Herzblut in der Angelegenheit.
Der 63-jährige ist guter Hoffnung, dass die 25-jährige Tradition der Skisportwochen von jüngeren Kolleginnen und Kollegen weitergeführt wird, denn für ein kaufmännisches Berufskolleg ist das schon eine einmalige Institution. „Es mag Gymnasien geben, wo es so etwas gibt, aber da bleiben die Schüler auch neun Jahre, bei uns im Schnitt zwei.“
In 25 Jahren hat Zappe über 30 Fahrten organisiert und so über 1000 Schülern das Skifahren näher gebracht. Einer seiner ehemaligen Schützlinge ist mittlerweile über 40 und vierfacher Familienvater. „Wen ich den heute bei seiner Arbeit im Einzelhandel treffe, fragt der immer: Herr Zappe, wissen sie noch, wie wir die schwarze Piste gefahren sind?“ In solchen Momenten weiß der Lehrer, dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Heute könne sich der Mann mit seiner sechsköpfigen Familie einen Skiurlaub nicht mehr leisten, aber das Erlebnis und die Erinnerungen bleiben. „In unseren Klassen ist im Schnitt einer vorher schon Ski gefahren. Für die anderen ist es eine völlig neue Erfahrung, in den Bergen zu sein.“
Die Skisportwoche sei im Vergleich zu anderen Klassenfahrten eine teure Reise, da müssten die Klassenlehrer große Überzeugungsarbeit leisten. Durch die selbst organisierten Skikurse und die schuleigene Ausstattung werden die Kosten aber so gering wie möglich gehalten. „Diese Schulfahrten bieten immer die Möglichkeit der Persönlichkeitsentwicklung für die Schüler. Sie disziplinieren sich, sie helfen einander. Leute, die sich vorher mit Händen und Füßen wehren mitzufahren, wachsen über sich hinaus, sind nachher begeistert und glücklich über die Erfolgserlebnisse.“
So ähnlich erging es Zappe vor 25 Jahren anscheinend auch. „Ich habe aus unserer ersten Fahrt selbst erst Ski fahren gelernt.“ Mit einem gewissen Hang zur sportlichen Perfektion sei eben mehr daraus geworden, mit all seinen Klassen sei er seit dem ins Zillertal gefahren. Es schwingt ein bisschen Wehmut mit, wenn Zappe kurz vor seiner Pensionierung sagt: „Das war für mich keine Arbeit, sondern ein Hobby. Ich habe das gelebt.“ Bestimmt steht er mit Rat und Tat zur Seite, wenn die Tradition der Skisportwochen am Berufskolleg weiter geführt wird.
von Peter Hof
Kölner Stadt-Anzeiger vom 4. Februar 2016
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